Er wurde in Trier geboren und stammt aus Kasel (Kreis Trier-Saarburg). Als Fußballer lief Arno Michels für den SV Morbach, SV Wittlich, die SG Ruwertal, den VfL Trier und Eintracht Trier auf. Anfang der 2000er Jahre fand er nahtlos den Übergang ins Trainergeschäft – als Assistent von Paul Linz beim SVE. Die weiteren Stationen: LR Ahlen, Morbach (als Cheftrainer), Mainz 05, Borussia Dortmund, Paris Saint-Germain, FC Chelsea und Bayern München (bei den letztgenannten fünf Stationen war er Assistent von Chefcoach Thomas Tuchel). Mit Chelsea gewann er 2021 die Champions League. Mit Dortmund, Bayern und Paris feierte er unter anderem nationale Meisterschaften.
Nun hat der 57-Jährige einen Rollenwechsel vollzogen. Seit Jahresbeginn ist er Chef-Ausbilder beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) – als Leiter der Fußball-Lehrer-Ausbildung.
Am aktuellen Fußball-Lehrer-Lehrgang nehmen 17 Trainerinnen und Trainer teil: Niko Arnautis (Eintracht Frankfurt), Theodoros Dedes (TSG Hoffenheim), Markus Fiedler (VfB Stuttgart), Alexander Hahn (Holstein Kiel), Roberto Hilbert (SpVgg Greuther Fürth), Florian Kästner (FC Carl Zeiss Jena), Ralf Kettemann (Karlsruher SC), Lars Kornetka (ÖFB/Männer-Nationalmannschaft), David Krecidlo (VfB Stuttgart), Dennis Schmitt (Eintracht Frankfurt), Christian Tiffert (zuletzt Chemnitzer FC), Saban Uzun (SV Lafnitz), Eva-Maria Virsinger (VfL Wolfsburg), Sandro Wagner (DFB/Männer-Nationalmannschaft), Vincent Wagner (TSG Hoffenheim), Heiko Westermann (FC Barcelona), Sabrina Wittmann (FC Ingolstadt).
Die Pro Lizenz ist die Ausbildung für Trainerinnen und Trainer im Hochleistungsbereich. Sie umfasst 700 Lerneinheiten, aufgeteilt auf rund 15 Präsenz- und Anwendungsphasen innerhalb eines Jahres. Die Lehrgangsgebühr für die Pro Lizenz beträgt nach DFB-Angaben 19.000 Euro. Dazu kommen noch Kosten unter anderem für Unterkunft und Verpflegung.
Herr Michels, mit dem Start des 71. DFB-Pro-Lizenz-Lehrgangs haben auch Sie als neuer Chef-Ausbilder im Deutschen Fußball-Bund so richtig losgelegt. Wie gehen Sie die Aufgabe an?
Michels: Als die eines Mentors. Mich einzulassen auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, um sie optimal unterstützen zu können - das sehe ich als meine Aufgabe. Zugleich gilt es, den Spagat zu bewältigen, gemeinsame Gruppeninhalte für jene, die in der Champions League oder bei der Nationalmannschaft unterwegs sind, als auch für jene, die mit einer U 19 arbeiten, zu schaffen.
Wie haben Sie sich auf den neuen Job vorbereitet?
Michels: Ich habe vor Beginn des Lehrgangs mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich Trainerinnen- und Trainer-Entwicklung der DFB-Akademie viele Gespräche geführt. Und da wir stets im Team arbeiten und auf die Erfahrungen aus den letzten Jahren zurückgreifen können, gilt es dies stets mit den aktuellen Anforderungen abzugleichen und gegebenenfalls anzupassen. Alles Weitere ist auch für mich ein spannender Prozess, auf den ich mich sehr freue.

Über mehrere Jahre hinweg ein Gespann auf der Trainerbank bei Eintracht Trier: Paul Linz (links) und Arno Michels.
Foto: kraemer hans
Welche Erfahrungen aus den vergangenen 15 Jahren, in denen Sie Co-Trainer bei Mainz 05, Borussia Dortmund, Paris Saint-Germain, beim FC Chelsea und Bayern München waren, können und wollen Sie weitergeben?
Michels: Das hängt sehr stark von den Themeninhalten ab. Wenn wir beispielsweise über das Spiel in der Offensive, Defensive oder der Umschaltphase sprechen. Dann sind dies tief inhaltliche Einordnungen, beginnend von der Videoanalyse bis hin zur Planung und Umsetzung auf dem Trainingsplatz. Hier geht es um ,eine‘ Kernkompetenz des Trainers. Andere Kompetenzen wie Führungs-, Medien-, Sozial- oder Methodenkompetenz sind ebenfalls wichtige Bausteine der Ausbildung. Hier die Nähe und den Transfer aus der eigenen erlebten Praxis in die aktuelle Situation der Trainerkollegen herzustellen, ist für mich aktuell meine Hauptaufgabe.
Wie hat sich der Job des Profi-Fußball-Trainers in den vergangenen Jahren gewandelt?
Michels: Der moderne Profitrainer übernimmt mittlerweile eine Reihe von Managementaufgaben. Er ist mit seinem Trainerteam nicht nur verantwortlich für die Spielerinnen und Spieler sowie das Spiel. Durch das immer größer werdende Team ums Team gilt es zudem, die Kommunikation mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu koordinieren und zu entwickeln. Das ist oft nur möglich, wenn bestimmte Verantwortlichkeiten delegiert werden, sorgt aber für ein Klima des Vertrauens. Die Belastungen der Spielerinnen und Spieler klug zu managen und sie verletzungsfrei durch die Spiele zu bringen, ist eine zentrale Aufgabe geworden. Es bleibt wenig bis gar keine Trainingszeit zwischen den einzelnen Spielen – daher erhält die Besprechung mittels Videoanalyse eine wichtige Bedeutung. Der moderne Profitrainer bewältigt aber nicht nur die Gegenwart, sondern ist in die Kaderplanung des Vereins eingebunden – hierzu zählen Gespräche mit Sportdirektoren, Vorständen oder Analysten der Scoutingabteilung.

In den 1990er Jahren spielte Arno Michels (rechts, hier im Zweikampf mit Markus Huwer von Eintracht Trier II) beim SV Morbach.
Foto: Fumetti Eberhard von
DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig hat in einem kicker-Interview gesagt, der Verband habe auf Ihrer Position keinen „Theoretiker im Stile eines Karl-Heinz Heddergott“ gewollt. Der 2021 verstorbene Rheinländer war über mehrere Jahrzehnte hinweg als Verbands-, DFB- und Bundesliga-Trainer tätig. Was meint Rettig mit seiner Aussage: Sind Sie weniger Laptop-Trainer und mehr Praktiker?
Michels: Es geht dabei weniger um mich, sondern darum, den Anforderungen an einen modernen Trainer zu entsprechen. Im Lehrgang geht es nicht nur um Theorie, sondern um den Praxisbezug. Und wir reden über die höchste Lizenz. Der Kurs besteht aus Trainerinnen und Trainern mit hohem Ausbildungsniveau. Deshalb steht für uns die Trainerpersönlichkeit im Mittelpunkt, das Selbstbild: Für welche Trainingsphilosophie stehe ich, für welche Art von Fußball, für welche Prinzipien? Das herauszufinden, also sich selbst besser kennenzulernen, die Stärken und natürlich auch die noch vorhandenen Schwächen, ist ein elementarer Schritt auf dem Weg zu guten und dauerhaft erfolgreichen Trainerinnen und Trainern.
Auch interessant war diese Aussage Rettigs in Bezug auf Ihre Person: „Wenn du schon mal die Hand am Champions-League-Pokal hattest, hört dir im Raum jeder zu. Das war ein wesentlicher Aspekt des von uns erstellten Anforderungsprofils.“ Inwieweit hilft Ihnen in der neuen Funktion der Sieg mit Chelsea in der Königsklasse 2021?
Michels: Ich weiß nicht, ob es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hier etwas hilft, dass ich als Teil eines Trainerteams mal irgendetwas gewonnen habe. Aber richtig ist: Ich weiß, wovon ich spreche, und kann mich in die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hineinversetzen. Egal, auf welchem Clublevel sie sich gerade befinden. Ich war ja auch mal bei Eintracht Trier und habe die Regionalliga kennengelernt.
Sie haben 2006 den Fußball-Lehrer-Lehrgang absolviert. Wie hat sich die Ausbildung seitdem weiterentwickelt?

Als Assistenzcoach an der Seite von Thomas Tuchel gewann Arno Michels 2021 mit dem FC Chelsea die Champions League.
Foto: Sebastian J. Schwarz/sjs / Sebastian J. Schwarz
Michels: Zunächst mal bezüglich des Zeitraums. Damals hatten wir fünfeinhalb Monate, heute beträgt die Ausbildungsdauer fast ein Jahr. Dann die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Damals waren wir 25, heute sind es 17. Und selbstverständlich haben sich auch Inhalte und die Art der Vermittlung geändert. Es gibt heute deutlich mehr Feedback innerhalb der Gruppe, wovon alle profitieren. Und die Ausbildung ist stark anwendungsorientiert an den notwendigen Kernkompetenzen, über die ein Trainer verfügen sollte.
Auf Bildern, die der DFB zum Lehrgangs-Start zur Verfügung stellt, ist zu sehen, wie Spikeball und Cornhole gespielt wird. Was hat es damit auf sich?
Michels: Ein neuer Lehrgang muss sich zu Beginn auch erstmal kennenlernen, ähnlich wie eine neu zusammengestellte Mannschaft. Wir haben in einer Praxiseinheit auf spielerische Art und Weise dazu die Möglichkeit gegeben.
Wie geht es im Lehrgang weiter?
Michels: In den kommenden Monaten werden wir neben den Unterrichtseinheiten am Frankfurter DFB-Campus auch nationale und internationale Hospitationen durchführen. Jüngst waren wir beim Hamburger SV zu Gast. Vereinspraktika und äußere Einflüsse gehören ebenso zur Ausbildung der höchsten Trainerlizenzstufe wie die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit und dem Wirken als Trainer. Es gibt Zwischenleistungen und Abschlussleistungen, die im Laufe dieses Kurses erbracht werden. Zudem Individualgespräche sowie Aufgaben, die im DFB-Online-Campus erledigt werden. Und Praktikumsaufgaben, die mit den Hospitationen in den Vereinen zusammenhängen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen Videos von sich einreichen, von ihrer Trainingseinheit auf dem Platz. Dazu müssen sie sich selbst Feedback geben und von anderen Kursteilnehmern Feedback einholen. Natürlich bekommen sie auch von uns Feedback, und aus alledem entsteht ein Learning für die nächsten Entwicklungsschritte. Die persönliche Entwicklung – das steht absolut im Vordergrund.

Zu den aktuellen Teilnehmern des Pro-Lizenz-Lehrgangs zählt Nationalmannschafts-Assistenztrainer Sandro Wagner.
Foto: picture alliance/dpa/Christian Charisius
Jugend-Trainer, Regionalliga-Übungsleiter, Coaches von Frauen-Teams – insgesamt 15 Männer und zwei Frauen: Wie beurteilen Sie die Zusammensetzung der aktuellen Lehrgangs-Gruppe?
Michels: Das ist sicherlich eine Herausforderung. Im Frauenfußball beispielsweise bin ich bislang noch gar nicht zu Hause. Mich damit auseinanderzusetzen, bedeutet auch für mich eine absolute Horizonterweiterung. Und ich weiß sehr zu schätzen, dass ich nicht alleine bin. Markus Reiter war zuvor sechs Jahre Ausbildungsleiter der A-Lizenz, er gibt mir viel Input und unterstützt mich mit seiner enormen Erfahrung.
Quelle: Volksfreund